Er beginnt schleichend und bleibt oft lange unbemerkt
Im ersten Teil dieser Serie haben wir erläutert, wie Hitzestress bei Milchkühen entsteht und warum gerade Hochleistungskühe besonders betroffen sind. In diesem Beitrag geht es um die Symptome von Hitzestress sowie die kurz- und langfristigen Folgen für das Tierwohl und die Wirtschaftlichkeit des Betriebes.
Frühwarnzeichen: Symptome von Hitzestress bei Milchkühen erkennen
Hitzestress bei Rindern zeigt sich oft schleichend. Bereits milde Belastungen können sich negativ auf das Tierwohl auswirken – und das bereits ab einer Umgebungstemperatur von 22 °C.
Typische Anzeichen für beginnenden Hitzestress
- Erhöhte Atemfrequenz (> 60 Atemzüge/Minute)
- Pumpende, flache Atmung
- Geringere Liegedauer – die Tiere stehen vermehrt
- Drängen an Tränken und Stalltoren
- Körperkerntemperatur über 39,0 °C
- Rückgang der Futteraufnahme
Unser Tipp: Beobachten Sie Ihre Kühe besonders in den heißen Nachmittagsstunden. Wenn Sie Hitzestress bei Ihren Tieren frühzeitig erkennen, spart das Folgekosten.
Erheblicher Hitzestress: Wenn Leistung und Gesundheit kippen
Ab einer Körperinnentemperatur von 39,6 °C liegt ein deutlicher Hitzestress vor. Das Tier gerät in eine energetische Schieflage.
Typische Symptome bei starkem Hitzestress
- Maulatmung mit gestrecktem Kopf und Hals
- Deutlich reduzierte Futteraufnahme
- Einbruch der Milchleistung
- Weniger Brunstanzeichen, schlechtere Fruchtbarkeit
- Erhöhter Kortisolspiegel → schwächeres Immunsystem
Die Folge ist ein Teufelskreis aus schlechter Verdauung und sinkender Energieverfügbarkeit.
Auswirkungen auf Milchleistung und Milchqualität
Hitzestress reduziert nicht nur die Milchmenge, sondern verändert auch die Zusammensetzung der Milch.
- Sinkender Milchfett- und Milcheiweißgehalt (v. a. Casein)
- Anstieg der Zellzahl → erhöhtes Mastitisrisiko
- Schlechtere Käse- und Verarbeitungsqualität
- Verzögerte, aber langanhaltende Rückgänge der Milchleistung
Die Auswirkungen auf die Milchqualität sind auch wirtschaftlich bedeutsam. Besonders in der Verarbeitung zu Käse wirkt sich ein niedriger Proteingehalt direkt auf den Erlös aus.
Fruchtbarkeit unter Hitzestress: Leise Verluste mit großer Wirkung
Sommerhitze senkt die Fruchtbarkeit bei Milchkühen drastisch. Häufig werden die Zusammenhänge erst zu spät erkannt.
- Erhöhte Anöstrusraten (Brunst bleibt aus)
- Reduzierte Konzeptionsraten
- Erhöhte Embryonalverluste, Frühaborte
- Verlängerte Güstzeiten, schlechtere Verbleiberaten
Bereits wenige Tage mit hohen THI-Werten (Temperature-Humidity-Index) reichen, um negative Effekte auszulösen – diese werden oft erst Wochen später sichtbar.
Klauengesundheit leidet zeitverzögert – und nachhaltig
Da Klauenprobleme meist erst spät, häufig erst 6–8 Wochen nach dem Hitzeschub auftreten, sind sie eine der am meisten unterschätzten Folgen von Hitzestress.
- Durchblutungsstörungen der Lederhaut → minderwertiges Horn
- steigendes Risiko für Sohlengeschwüre und weiße-Linie-Abszesse
- Besonders kritisch bei Kühen mit vorbelasteten Klauen
Auch Hornbildungsstörungen und schmerzhafte Klauenkrankheiten wie Mortellaro oder Panaritium können durch Hitzestress verstärkt auftreten.
Fazit
Ob sinkende Futteraufnahme, gestörte Fruchtbarkeit oder ein schleichender Rückgang der Milchleistung – Hitzestress wirkt sich auf das Tierwohl, die Wirtschaftlichkeit und somit auf nahezu alle Produktionsbereiche aus.
Viele Symptome treten mit zeitlicher Verzögerung auf, doch die wirtschaftlichen Verluste sind real – bis zu 400 Euro pro Kuh und Jahr sind im schlimmsten Fall möglich.
Ihr nächster Schritt
Beobachten – erkennen – handeln, bevor aus subklinischem Stress ein echtes Gesundheitsproblem wird. Wenn Sie die Grundbedingungen für Hitzestress bei Milchkühen verstehen und die Symptomatik frühzeitig erfassen, können Sie gezielt gegensteuern.
Im dritten Beitrag unserer Serie zeigen wir Ihnen, welche Maßnahmen Sie konkret ergreifen können, um Hitzestress bei Milchkühen durch gezielte Belüftung, optimierte Fütterung und smarte Managementstrategien wirkungsvoll zu reduzieren.